Eule
Städt. St.-Anna-Gymnasium

Ich will ein Glanz sein!

»Das war gestern Abend so um zwölf, da fühlte ich, dass etwas Großartiges in mir vorging.«

So beginnt Irmgard Keuns Buch »Das kunstseidene Mädchen« von 1932. Die Hauptfigur Doris erzählt in Form eines Tagebuches, nein, wie ein Film behauptet sie selbst, von ihren Bemühungen, ein Glanz zu sein, erst in einer mittleren Stadt im Rheinland, dann in der Großstadt Berlin.

Dadurch ließen sich einige Schüler*innen zu Texten zum Thema: »Ich will ein Glanz sein« anregen. Lesen Sie selbst!

(Seitenanfang)

Niclas Jaeger, Q12

Will ich ein Glanz sein? Keine Ahnung. Hört sich auf jeden Fall nicht schlecht an. Manche träumen schon von Kind auf davon, ein berühmter Sänger oder eine berühmte Schauspielerin zu werden. Einige wenige verwirklichen ihren Traum, die meisten aber verwerfen ihn wieder. Es wird ihnen gesagt, dass das sowieso kaum jemand schaffe, dass das Verfolgen dieses Traumes sinnlos sei, dass sie lieber etwas »Richtiges« machen sollten.

Niemand ist berühmt geworden, der seine Träume über Bord warf. Nur die, die sich nicht von ihren Plänen abbringen, die sich nicht von dem Spott anderer beeinflussen haben lassen, haben wirklich etwas erreicht. Frau Drews träumt davon, dass wir alle einen überragenden Aufsatz über »Glanz« schreiben. Carlo träumt davon in seinem neuen Bettchen zu liegen. Jeder hat verschiedene Träume und Wünsche. Seine Träume zu erreichen. Das ist Glanz.

(Seitenanfang)

Carl Binder, Q12

Glanz sein, wenn ich’s jetzt schon nicht bin, ja wieso nicht? Aber was für ein Ganz? So`n Goethe oder Schiller Glanz? Nah, langweilig.

Was will ich überhaupt? Kein striktes oder ödes Leben. Ein Leben, in welchem ich mir alles erlauben kann, welches ich richtig ausleben kann, mit bisschen Kriminalität (natürlich nicht zu viel), mit ner fröhlichen Familie am Ende, wenn ich Bock drauf habe, mit nicht wenig Geld, denn Geld regiert die Welt, und keiner Polizei oder Behördenfuzzis, die denken, sie könnten mich einschränken mein Leben zu leben, so wie ich es will. Und hassen würde ich’s auch nicht, wenn mal`n paar Zeitungsartikel über mich herauskämen, in welchen ich als Paradebeispiel genannt werde, wie man sein Leben richtig leben sollte. Ich meine, Zeitung liest ja eh niemand mehr, also sind auch keine Paparazzis hinter mir her, auch wenn sie so die Story des Jahrhunderts verpassen würden.

(Seitenanfang)

Fanny Hofmann, Q12

Ich merke das schon. Ich seh’s schon kommen. Bald bin ich ne ganz große Nummer. Tja! Das merkt man einfach.

Wenn ich aus dem Haus gehe. Die Nachbarn, die gucken. Die schauen.

Wo geht’s hin? Was hat sie vor?

Die staunen.

Aber ich bin da bodenständig. Ich wink’ da auch mal zurück.

Und ich bekomm' Anfragen. Die wollen mich sehen. Die größten Events. Die fragen: »Doris, Dodo, darf man Dodo sagen?«, sag ich: »Klar«. Bin ja bodenständig.

»Klar«, sag ich, wenn sie mich einladen. Wegen meinem neuen Video, das weiß ich einfach. Das spürt man halt. Ich bin da ganz selbstbewusst. Ich weiß das schon, wenn ich das hochlade, das kommt gut an. Da stehen die drauf.

Ich mach mir da gar keinen Kopf.

Aber bin ja nicht abgehoben. Wenn Mama fragt: »Hilfste mir ma eben?«, sag ich »klar«. Bin ja n' Familienmensch, ganz bodenständig.

Aber da draußen, die Blicke, die seh ich.

Da weiß ich schon: Bald kennen sie mich alle.

Und das vergeht dann auch nicht so schnell. Da steh ich dann nicht nen Jahr später bei »Ich bin ein Star, holt mich hier raus« auf der Matte und sag: »Lasst mich da rein!«. Ne, ne. So eine bin ich nämlich nicht. Da muss ich mir gar keine Sorgen machen.

Der Glanz, der kommt ganz von alleine.

A. Drews